Work On Progress
Kaltrecycler wird von Radlader mit Material befüllt.

Kaltrecycling auf Deutschlands ältester Autobahn

Ein Referenzprojekt mit großen Ambitionen

Köln | Deutschland: An den Baustellen der STRABAG ist der Claim „Work On Progress“ – „Arbeiten am Fortschritt“ überall und deutlich zu erkennen. Mit dieser Kampagne verweist die STRABAG auf das Ziel bis 2040 klimaneutral zu werden, und zwar entlang der kompletten Wertschöpfungskette. Hierzu werden in allen Firmensegmenten innovative Projekte vorangetrieben.

Auf Deutschlands ältester Autobahn, der A 555, erfolgte eine Grunderneuerung eines 2,5 km langen Abschnittes in beiden Fahrtrichtungen. Die gesamte Bauzeit wurde auf mehr als 18 Monate geschätzt. Damit es nicht zu übermäßigem Stau in der Region kommt, sollten mindestens zwei Fahrspuren befahrbar bleiben. Der Standstreifen wird zur neuen Schwerlastspur mit der höchsten Belastungsklasse BK100 umgebaut. In der herkömmlichen Einbauweise bedeutet das: Abfräsen, Abtransport und Entsorgung aller Asphalt-Schichten. Stabilisierung des Unterbaus. Neuaufbau der Asphalttrag-, Asphaltbinder- und Asphaltdeckschicht mit ausreichender Tragfähigkeit.

Im konventionellen Asphaltbau ist die größte Ursache für CO₂-Emissionen zum einen die Herstellung der neuen Asphaltschichten und zum anderen die Transportfahrten der LKW. Das Kaltrecyclingverfahren von Wirtgen bietet hier Einsparpotential. Im Gegensatz zur herkömmlichen Bauweise wurde bitumenstabilisiertes Material (BSM) für die neue Tragschicht der Autobahn eingebaut, das mit einer mobilen Kaltmischanlage von Wirtgen hergestellt wurde. „Die Firma Wirtgen bietet hier mit ihrem in-plant Kaltrecyclingverfahren ein enorm fortschrittliches Verfahren“, sagte Stephan Ehlers, Technischer Leiter der STRABAG AG (Bereich Düren).

Die STRABAG AG benutzte einen 500 m langen Abschnitt der Standspur als Referenzprojekt. Alle Materialproben, Mischergebnisse und Verdichtungstest führte das hausinterne Testlabor TPA durch. Aufgrund der guten internationalen Referenzen möchte die STRABAG AG die Dauerhaftigkeit und Belastbarkeit von BSM beim Einbau als Tragschicht einer BK100 ermitteln.

Die Wirtgen Kaltmischanlage KMA 240i stellte aus anfallendem Asphaltfräsgut unter Zugabe von Schaumbitumen und Zement die BSM-Tragschicht her. Die CO₂-Einsparung entstand hier vor allem durch die Kaltaufbereitung des Mischgutes. Einzig das Bitumen wurde auf 180 Grad Celsius angeliefert und dann mit Wasser und Luft zu Schaumbitumen verarbeitet. So konnte das sonst energieintensive Aufheizen der Gesteinsfraktionen oder des Asphaltgranulates entfallen.

Dank ihrer hohen Mobilität und des überschaubaren Platzbedarfes, konnte die KMA 240i nah und logistisch sinnvoll an der Baustelle platziert werden. Dadurch ließen sich große Teile der Emissionen aus dem Materialtransport reduzieren.

Kaltrecycling Vorteile auf einen Blick

Bis zu:

  • 100 % weniger Kosten für die Materialentsorgung
  • 90 % weniger Transportvolumen
  • 90 % weniger Ressourceneinsatz
  • 60 % weniger CO₂-Emissionen
  • 50 % weniger Einsatz von Bindemitteln
  • 50 % niedrigere Gesamtkosten
  • 50 % kürzere Bauzeit

Mehr zum in-plant Kaltrecycling

BSM als Tragschicht auf Autobahnen ist weltweit keine Neuheit, und in Deutschland von zunehmendem Interesse und Zuspruch. Die Eignungsprüfung des Kaltrecyclingmischgutes für die neue Tragschicht führte die STRABAG AG (Bereich Düren) mit Hilfe von Wirtgen im eigenen Baustofflabor durch. In entsprechender Dimensionierung ist das Material für alle Verkehrslasten geeignet. In der Voruntersuchung wurden die Zugabemengen der Bindemittel und Zuschlagstoffe ermittelt. Recyceltes Asphaltfräsgut mit 25 % Brechsand zur Füllung der Feinanteile plus 1 % Zement, 2 % Schaumbitumen und Wasser ergaben die positiven Synergien für das nachhaltige Mischgut.

Mann steht mit Warnweste vor einem Vögele Fertiger auf der Autobahn

„Wir können die Prozessabwicklung mit bitumenstabilisiertem Material deutlich effektiver und schneller gestalten. Wir sind stark daran interessiert, dieses Thema voranzutreiben, weil wir uns auf die Fahnen geschrieben haben, bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen.“

Stephan Ehlers, Technischer Gruppenleiter STRABAG

Die KMA 240i ermöglicht eine Durchlaufproduktion von 240 t Kaltmischgut pro Stunde. BSM-Mischgut ist lagerfähig und ermöglicht so mehr Flexibilität in der Baustellenlogistik. Dadurch sind Vorproduktion und kurzfristige Lagerung möglich. Das Material bleibt einbaufähig und muss im Gegensatz zum konventionellen Mischgut nicht innerhalb kürzester Zeit eingebaut werden.

Auf den aufbereiteten Unterbau der Autobahn wurde die BSM-Tragschicht zum Erreichen des geforderten Verdichtungsgrades zweilagig eingebaut. Ein Vögele MT 3000-3i Beschicker förderte das Mischgut sukzessive für unterbrechungsfreien Einbau in den nachfolgenden Vögele Fertiger. Der Vögele Super 1900-3i übernahm den lagegerechten Einbau der neuen Tragschicht auf 3,6 m Arbeitsbreite. Die erste Lage Kaltmischgut hatte eine Einbaustärke von 16 cm und die zweite, am Folgetag, eine Einbaustärke von 10 cm. Nach Vorverdichtung mit der AB 500 Bohle wurde das Kaltmischgut beider Lagen jeweils von einer Hamm Tandem HD+ 140 und einer HP 280i Gummiradwalze optimal verdichtet. „Die durch die TPA ermittelten Verdichtungswerte waren mehr als zufriedenstellend“, so Ehlers. Das Kaltrecycling Material erfüllte alle Anforderungen aus den Voruntersuchungen auch auf der Baustelle.

Als letzter Prozessschritt wurde das BSM-Material mit einer neuen 4 cm starken Asphaltdeckschicht (SMA 11 S) überbaut.

Weltweit ist BSM-Mischgut in vielen Ländern bewährt und wird in allen Belastungsklassen angewendet. Kaltrecyclingmischgut kann die Lebensdauer der Straßen sogar verlängern und ist damit besonders nachhaltig. Die Vorteile gegenüber dem herkömmlichen Bauverfahren liegen auf der Hand.

Die STRABAG AG knüpft auch mit diesem Erfolgsprojekt an ihrer Unternehmensphilosophie an und ebnet ihren Weg der Klimaneutralität. „Die Vorteile gegenüber der konventionellen Bauweise sind klar erkennbar und sollten Berücksichtigung in weiteren Projekten finden. Aus der Ausnahme sollte die Regel werden, um fortschrittliche Bauweisen zu etablieren“, schließt Stephan Ehlers.

Hand mit Mischgut

Ad-hoc Sichtkontrolle des Materials unmittelbar nach der Produktion

Mischgut wird in einen weißen Eimer geschaufelt

Probeentnahme des losen Materials zur Laborkontrolle

Zwei Männer in Warnweste hocken mit technischem Gerät auf der ersten verdichteten Einbauschicht

Verdichtungskontrolle nach jeder einzelnen Schicht und der finalen Verdichtung

Baustellenparameter:
Länge der Referenzstrecke:
500 m
Einbaubreite:
3,6 m
Einbaustärke BSM:
26 cm
Einbaustärke Deckschicht:
4 cm
Leistungsdaten KMA 240i:
1.250 t in 5 Stunden
Eingesetzte Wirtgen Group Maschinen:
Wirtgen
KMA 240i
Vögele
MT 3000-3i
Super 1900-3i
Hamm
HD+ 140i
HP 280i